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Telekommunikation: Schwerpunkt Mitbestimmung

Facility Management: Telekommunikation » Strategie » Mitbestimmung

Rechte, Regelungsfelder und Betriebsvereinbarungen bei der Einführung und Nutzung von Telekommunikationssystemen

Rechte, Regelungsfelder und Betriebsvereinbarungen bei der Einführung und Nutzung von Telekommunikationssystemen

Telekommunikation ist heute mehr als Telefonie – sie ist die digitale Infrastruktur der Zusammenarbeit. Ob Festnetztelefonie, mobile Geräte, Videokonferenzen oder Unified Communication Plattformen – technische Lösungen werden laufend erweitert, vernetzt und in Cloudsysteme überführt. Diese Systeme haben oft nicht nur technische, sondern auch verhaltensbezogene Wirkung – und unterliegen damit der Mitbestimmung des Betriebsrats nach dem Betriebsverfassungsgesetz. Der Einsatz moderner Telekommunikationssysteme – insbesondere mit Funktionen wie Standortverfolgung, Gesprächsaufzeichnung, Anwesenheitsanzeige oder automatischer Protokollierung – wirft rechtliche, betriebliche und datenschutzbezogene Fragen auf. Die Mitbestimmung ist nicht nur ein Recht, sondern eine Notwendigkeit, um Akzeptanz, Fairness, Rechtssicherheit und Funktionalität zu gewährleisten.

Die Mitbestimmung bei Telekommunikation ist ein zentrales Gestaltungsfeld des Betriebsrats. Durch vorausschauende Beteiligung, transparente Kommunikation und tragfähige Betriebsvereinbarungen kann der Einsatz neuer Technologien arbeitsfähig, datenschutzkonform und mitarbeiterfreundlich umgesetzt werden.

Relevante Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats

§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG – Ordnung im Betrieb

  • Regelung zur Nutzung von Telefonanlagen, Verfügbarkeit, Erreichbarkeit

  • z. B. ob private Telefonnutzung erlaubt ist, Pausenregelungen, Erreichbarkeitsgrenzen

§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG – Technische Einrichtungen

  • Mitbestimmungspflicht bei Systemen zur Leistungs- oder Verhaltenskontrolle

  • Gilt für: Gesprächsaufzeichnung, Verbindungsprotokolle, Trackingfunktionen, Anrufauswertung, Anwesenheitsanzeigen

§ 94 BetrVG – Beurteilungsgrundsätze

  • Nutzung von Telekommunikationsdaten zur Bewertung von Verhalten oder Leistung (z. B. Erreichbarkeitsstatistiken)

§ 80 BetrVG – Überwachung der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften

  • z. B. Datenschutz, Arbeitszeitrecht, Arbeitsschutz im Zusammenhang mit Erreichbarkeit und Nutzung von Mobilgeräten

Telefonanlagen (analog / digital / VoIP)

  • Einsehen von Anruflisten, Rufnummernanzeige, Mitschnittfunktion

  • Steuerung von Arbeitszeiten durch Anrufauswertung

  • Einzelplatzprotokollierung vs. anonymisierte Auswertung

Mobile Endgeräte (Smartphones, Tablets, DECT)

  • Ortungsfunktionen, Gerätemanagement, App-Kontrolle

  • Trennung privater und beruflicher Nutzung (z. B. Containerlösungen)

  • Regelung zur ständigen Erreichbarkeit und Pausenzeiten

Kollaborationsplattformen (z. B. MS Teams, Zoom, Webex)

  • Chatprotokolle, Meetinghistorie, Online-Status (grün/gelb/rot)

  • Integration von Präsenzanzeigen mit Kalenderdaten

  • Protokollierung von Teilnehmerzeiten, Gesprächsdauer, Beitragsfrequenz

Unified Communication Systeme (UC / UCC)

  • Zentralisierte Kommunikationsschnittstellen (Telefon, Mail, Chat, Konferenz)

  • Logging von Kommunikationsvorgängen, Nutzungsverhalten

  • Verknüpfung mit Zeiterfassung oder Performanceanalysen

Regelungsinhalte in Betriebsvereinbarungen

  • Zweck und Funktionsweise der eingesetzten Systeme

  • Ausschluss individueller Leistungs- und Verhaltensüberwachung

  • Protokollierung nur zu definierten Zwecken und Fristen

  • Umgang mit privaten Gesprächen / privater Nutzung

  • Schulung, Support und Verfügbarkeit von Ansprechpartnern

  • Datenschutzregelungen (z. B. Zugriff, Auswertung, Anonymisierung)

Beteiligung bei Systemeinführung oder Änderung

  • Vorstellung des Systems in Betriebsratssitzung

  • Vorlage der technischen Dokumentation (z. B. Logging-Funktionen)

  • Gemeinsame Auswahlkriterien für Anbieter und Funktionen

  • Schulung des Betriebsrats zur Technik (z. B. Funktionsmatrix)

Ergänzende Regelungsthemen

  • Mobile Arbeit / Homeoffice: Erreichbarkeit, Rufumleitung, Nutzung privater Geräte

  • Rufbereitschaft / Notfalltelefone: Erschöpfungsschutz, Vergütung

  • Datensicherheit bei mobiler Nutzung (VPN, MDM, Zwei-Faktor-Authentifizierung)

DSGVO-Anforderungen

  • Art. 5 und 6 DSGVO: Rechtmäßigkeit, Zweckbindung, Transparenz

  • Datenschutz-Folgenabschätzung (Art. 35 DSGVO) bei Ortung, Logging, KI-Nutzung

  • Löschfristen für Kommunikations- und Metadaten

  • Einwilligung vs. Kollektivvereinbarung

Technische und organisatorische Maßnahmen (TOMs)

  • Zugriffsschutz auf Kommunikationsdaten

  • Protokollierung von Zugriffen auf Systeme

  • IT-Sicherheitsrichtlinien (z. B. Passwort, Geräteverwaltung, Netzwerkzugang)

  • Trennung von Privat- und Firmendaten auf mobilen Geräten

Herausforderungen:

  • Schnell wechselnde Technik mit schwer durchschaubaren Funktionen

  • Unterschiedliche Erwartungshaltung von Unternehmen, IT, Mitarbeitenden

  • Hoher Abstimmungsaufwand bei länder- oder standortübergreifenden Regelungen

  • Konfliktpotenzial bei Verhaltensüberwachung oder Dauererreichbarkeit

Lösungsansätze:

  • Rechtzeitige Einbindung des Betriebsrats bereits in der Auswahlphase

  • Erstellung von Funktionsmatrizen mit Bewertung möglicher Risiken

  • Pilotphase mit Testgruppe und Feedbackschleifen

  • Gemeinsame Schulungen für Technik, Datenschutz, Mitbestimmung

  • Jährliche Evaluation der Vereinbarung mit Feedback aus dem Betrieb

Mitbestimmung in der Telekommunikation und Mobilität

Mit der wachsenden Verschmelzung von Kommunikation, IT, Arbeitszeit und Mobilität wird die Mitbestimmung in der Telekommunikation weiter an Bedeutung gewinnen. Betriebsräte und Unternehmen stehen vor der gemeinsamen Aufgabe, nutzbare, akzeptierte und rechtssichere Lösungen zu entwickeln – technisch leistungsfähig und sozial verträglich.